Wer keine ausgebildeten Köche mehr findet muss umdenken –
Neue Prozesse und Abläufe müssen her um fehlende Köche ersetzen zu können
Wie können neue Abläufe dem Personalproblem in der Gastronomie entgegenwirken?
Die Systemgastronomie macht es uns vor. Sie setzt standardisierte Produkte ein, die von angelernten Hilfskräften zubereitet und in verlässlicher Qualität serviert werden. Natürlich möchte keiner von uns zu einem McDonald’s oder KFC werden, aber dennoch sollten wir uns ein Beispiel an diesen Betrieben nehmen und das für uns Gute dort abschauen.
Einige Vorteile der systemgastronomischen Speisenzubereitung, die sich jeder Gastronom zunutze machen kann:
- Speisen werden nach standardisierten Vorgaben und Rezepturen produziert und garantieren eine gleichbleibende Produktqualität.
- Die Produktion erfolgt unter besten hygienischen Bedingungen .
- Die Haltbarkeit der produzierten Speisen wird durch moderne Herstellungsverfahren ohne Qualitätsverlust deutlich verlängert.
- Arbeitsabläufe in der Speisen-Fertigung sind durch den hohen Anteil an „Eigen-Convenience“ vereinfacht, reduzieren den Stress und verkürzen die Zubereitungszeiten.
- Motivation und Arbeitsfreude der Mitarbeiter steigen und wirken sich positiv auf das Team aus.
- Die Mitarbeiterstruktur verändert sich und die Attraktivität des Arbeitsplatzes für gute Mitarbeiter wird deutlich erhöht, so dass sich wieder Fachkräfte bewerben.
- Einkaufs- und Produktionsplanung lassen sich stark vereinfachen.
Die Aufgabenstellung besteht nun darin, ein Konzept zu entwickeln, dass die Vorteile der Systemgastronomie mit den Produkten und dem Angebot Ihres individuellen Gastronomie-Konzeptes vereint.
Quer denken und Routinen überwinden
Für uns Köche ist das umorganisieren in der eigenen Küche oft ein sehr schwieriges Thema. Alle Abläufe die einem routiniert von der Hand gehen umzustellen, wenn notwendig den gesamten Ablauf der Produktion und der Fertigung zu verändern, ist oft schwerer als man glaubt. Schnell fällt man in alte Verhaltensmuster zurück oder erkennt die Verbesserungspotenziale, durch ein gewisses Maß an Betriebsblindheit, erst gar nicht.
Das genaue und schriftliche definieren der Zielsituation ist die Grundlage, um gedanklich den Prozess einleiten und vorhandene Routinen überdenken zu können.
Die Lösung dieser Aufgabenstellung liegt in einer Mischung aus vielen Bausteinen. Eine Anpassung des Angebots ist hierbei ebenso wichtig, wie die Umstellung der Abläufe. Im Mittelpunkt steht allerdings die für den Gast gleichbleibend gute oder sogar gesteigerte Qualität der Speisen.
Einige Bausteine könnten sein:
- Auslagerung der Produktion ausgewählter Speisen nach eigenen Rezepturvorlagen.
- Standardisierung der Speisenproduktion und Speisenausgabe im Rahmen eines Küchenhandbuchs mit einfachen Umsetzungshilfen.
- Rationalisieren der Produktionsabläufe durch das Sous-Vide-Verfahren (z. B. Pasteurisieren mit dem Sous-Vide-Verfahren) oder die konsequente Nutzung anderer moderner Küchentechniken.
- Reduzierung der Warenkosten durch definierte und standardisierte Portionsgrößen.
- Anwendung von Cook & Chill- oder Cook & Freeze-Verfahren.
- Zukauf von ausgewählten Fertigprodukten.
Die Vielzahl der Möglichkeiten sollten im Detail auf Ihren Betrieb abgestimmt sein. Daher ist es notwendig eine Umstellung nicht im „Hau-Ruck-Verfahren“ durchzuführen, sondern einen geplanten und strukturierten Umstellungsprozess vorzunehmen. Um Mitarbeiter auf die neuen Herausforderungen einzustellen, sollte sukzessive herangegangen werden. So kann dieser Prozess durchaus ein Jahr in Anspruch nehmen.
Wer kocht in der Küche von Morgen?
Durch den Sachverhalt, dass die Betriebe in Zukunft immer schwerer an gut ausgebildete Köche herankommen, müssen alternative Lösungen gesucht werden.
Die Zielsetzung besteht in der Besetzung der benötigten Funktionen durch qualifizierte Arbeitskräfte. Dies können Teilzeit-, Gleitzeit- oder auch Vollzeit-Arbeitskräfte sein, die Freude am Kochen haben und davon gibt es mehr als wir annehmen.
Die Qualifizierung der anzulernenden Mitarbeiter sollte in Ihrem Unternehmen, nach ihren Vorgaben und Anforderungen durchgeführt werden und ist ein weiterer Baustein des zeitgemäßen Küchenkonzeptes. Die Standardisierung Ihrer Produkte, verfügbare Rezepturen und Zubereitungsanleitungen ermöglichen ein schnelles und nachhaltiges Einarbeiten der Mitarbeiter.
Je nach Betriebsgröße werden Sie wahrscheinlich auch bei dieser Küchenkonzeption nicht ohne Koch auskommen. Er ist sogar von größter Wichtigkeit. Die Aufgaben des Küchenchefs haben sich allerdings geändert: Sie liegen nun in der Standardisierung der Produkte. Er ist verantwortlich für das Erstellen und Überprüfen der Produktionsrezepturen und die Ausbildung der ungelernten Mitarbeiter zu qualifizierten Arbeitskräften. Das Beherrschen aller notwendigen Arbeitsschritte in der Küche wird allerdings erst durch das vereinfachen der Küchenprozesse und das Entkoppeln von Produktion und Fertigung für angelernte Arbeitskräfte möglich.
Fazit
Klar ist: So wie bisher geht es in vielen Betrieben nicht weiter. Wenn wir nicht mehr genügend Köche einstellen können, müssen wir uns diesen Veränderungen anpassen.
Das bringt viele Chancen mit sich, die, wenn sie richtig genutzt werden, auch weitere positive Nebeneffekte haben z. B.: Eine Steigerung der Mitarbeiterproduktivität durch das Vermeiden von Leerlaufzeiten. Reduzierte Wareneinsatzkosten dank moderner Herstellungstechniken und durch genaue Portionierung. Längerer Haltbarkeit durch gute Konservierung der vorbereiteten Produkte. Steigende Attraktivität bei Mitarbeitern und Bewerbern aufgrund vieler unterstützender Prozesse, welche die so oft gefürchtete Hektik in der Gastronomie reduzieren und dem „schlechten“ Ruf der Gastronomie entgegenwirken.
Wie denken Sie über dieses Thema? Haben Sie Probleme qualifizierte Mitarbeiter zu finden oder fühlen Sie sich nicht betroffen? Haben Sie bereits Gegenmaßnahmen eingeleitet und erste Veränderungen in Ihrem Unternehmen vorgenommen? Welche Chancen hat die Gastronomie und Hotellerie bei kontinuierlich sinkenden Fachkräftezahlen?
Ich freue mich auf Ihre Kommentare
Ihr Uwe Plappert
Es stimmt, dass der fortschreitende Fachkräftemangel ein immer größeres Problem wird. Leider verlieren wir durch mehr Convenience Produkte auch eine eigene Identität, da es dann im schlimmsten Fall überall gleich schmeckt (bei gleichen Lieferanten). Eine Gegenmaßnahme wäre, mehr Kraft in neue Auszubilde zu stecken.
Hallo Markus, die Ausbildung in der Gastronomie und Hotellerie ist ein sehr wichtiger Faktor um mittelfristig überhaupt noch Fachkräfte in der Branche finden.
Zusätzlich denke ich die Branche wir nicht mehr nur auf gelernte Fachkräfte setzten können. Das Ausbilden von angelernten Kräften, die im eigenen Unternehmen qualifiziert werden und durch regelmäßige Schulungen die Anforderungen des Unternehmens erfüllen können ist eine weitere Herausforderung die Unternehmen stemmen müssen.
Die in meinem Artikel erwähnten Produkte sind als „Eigen-Convenience“ zu verstehen. Produkte die entweder nach eigenen Rezeptur-Vorgaben produziert werden und somit nicht vergleichbar mit Standard-Convenience-Produkten sind oder in der eigenen Küche hergestellt werden und beispielsweise durch das Pasteurisieren mit dem Sous-Vide-Verfahren konserviert und haltbar gemacht werden. Für dieses schon heute in vielen Unternehmen notwendige Umdenken habe wir das „Küche-ohne-Köche-Konzept“ entwickelt. Zum einen werden die Küchen-Prozesse und Produktions-Abläufe hinterfragt und optimiert. Zum anderen stehen die Mitarbeiter im Mittelpunkt. Attraktivere Gestaltung der Arbeitszeiten oder Ausbildung und Qualifikation der Aushilfen und Mitarbeiter sind die Grundlage für gute Produkte und Dienstleistungen. Ich glaube das Thema Fachkräftemangel wird uns noch lange begleiten und ein Umdenken in vielen Betrieben erfordern. Ob nun spanische Mitarbeiter, junge Auszubildende oder das Auffüllen mit Aushilfen in Stoßzeiten, die Gastronomie und Hotellerie muss sich auf die Bedürfnisse dieser Menschen einstellen und die eigenen Abläufe hinterfragen und verändern.
Viel Grüße
Uwe
Sehr geehrte Damen und Herren,
wer wirklich wissen will, warum junge Menschen nicht mehr als Koch arbeiten wollen, sollte sich mit der Wirklichkeit in den Küchen auseinandersetzen: Beleidigungen bis hin zu fliegenden Töpfen, Ausbeutung, Übertragen der Arbeitszeitrisiken auf den Arbeinehmer (286 Anwesenheitsstunden führen zu 46 Minusstunden auf dem Arbeitszeitkonto!) bei 912 € Nettolohn nach 3 Jahren Ausbildung – pure Ausbeutung ist das Thema.
Darüber hat bisher beim Fachkröftemangel noch keiner geredet! In You tube gibt es einen Dreiteiler „Traumberuf Koch“ – beheben Sie diese Mängel und zahlen Sie anstätndige Löhne und ihr Facharbeitermangel wird sich auflösen.
Das hat sich anscheinend schon bis Griechenland und Spanien rumgesprochen…
In diesem Sinne vor der eigenen Haustüre kehren, auch die Systemgastronomie hat jahrelang die Mitabreiter ausgebeutet bis niemand mehr bei ihnen gearbeitet hat und siehe da nun werden auch da einigermaßen vernünftige Arbeitsbedingungen geboten
Ihre Krise ist eine hausgenachte Krise!
Also nicht Jammern sondern handeln.
Selbst Halbfertigprodukte lassen noch genügend Raum für Kreativität. Wenn man z.B. einen Spinatstrudel mit Feta bezieht, dann steht es frei, dazu selber eine vegetarische Sauce zu kreieren. Solche Chancen muss man nutzen!